13. Juli 2014
Es ist Sonntag, das Wetter so lala trotzdem, dass eigentlich Juli ist und ich will raus. Muss raus, brauche das um mein Hirn durchzupusten und die Knochen zu bewegen. Die ursprünglich geplante Wanderung mag ich bei dem Wetter nicht umsetzen und die angesetzte Startzeit habe ich im Bett verstreichen lassen. Also beschließe ich mal wieder eine Tour rund um die Heimatstadt zu machen, so wie vor langer Zeit, als mein Sohn noch klein war und wir auf diese Weise immer mal wieder neue Ecken unserer Umgebung ausgekundschaftet haben. Schnell sind 16 km zusammen, rund 4 Stunden brauche ich aus Erfahrung dafür. Der Fotoapparat bleibt daheim, aber der ipod geht mit, macht auch gute Fotos. Schnell bin ich im Wiesengrund, es ist wärmer als ich dachte und nur bedeckt, der Regen lässt noch auf sich warten. Das Navi findet seinen Satelliten nicht und ich schreite munter drauf los, kenne schließlich den Weg, denke ich. Und schon habe ich meinen Track verlassen. Erste Überraschung, dass man da in der Mitte der Wiesen laufen kann ist mir völlig neu. Soll ich zurück, aber da ist doch ein Graben. Ich entscheide mich für einen Wiesenpfad neben dem Fußweg. Hier bin ich allein, weit vor mir ein Jogger, die Radler auf dem geteerten Weg, das gefällt mir. An der kleinen Fußbrücke soll ich geradeaus sagt mein Gerät, ich folge brav. Vor mir eine Frau mit einem sehr großen Hund an der Leine, sie bleibt stehen, bis ich vorbei bin, sehr nett. Bald stehe ich unter der großen Brücke, links neben mir die Pegnitz. Hier war ich schon einmal, es soll hier Fledermäuse geben. Früh um 10 zeigen diese sich jedoch gewöhnlich nicht und ich schreite voran. An der Minigolfanlage geht es nach rechts, auch hier bleibe ich nicht auf dem Pfad, was diesmal eher daran liegt, dass der Weg leicht anders verläuft als auf der Karte. Dort oben eine Grünanlage, niemand zu sehen, das ist sehr angenehm. Auf dem Radweg links unter mir ist mehr los und so genieße ich die Ruhe. Vor mir einer von vielen Spielplätzen die ich heute noch sehen werde, alle werden sie einsam und verlassen da liegen, kleine Kinder sollen mir heute gar nicht begegnen. Schon ist mein ruhiger Pfad zu Ende und es geht weiter an der Pegnitz entlang Richtung Stadeln. Dann wechselt der Fluss seinen Namen, ich mache die ersten Fotos von einem umgestürzten Baum.

Die Bruchstellen scheinen frisch und mir gefällt die Zeichnung und Farbe des Holzes. Kurz hinter dem Klärwerk verlasse ich endgültig die mir bekannten Wege und biege ab nach rechts, ein kurzes Stück durch eine Siedlung, dann über die Hauptverkehrsstraße. In der Siedlung bäckt jemand Kuchen, Obstkuchen, da bin ich mir sicher. Da das Frühstück noch nicht lange her ist, lässt mich der Geruch ansonsten kalt. Meine warmen Gefühle begleiten mich, der Traum mit dem ich aufgewacht bin und so lasse ich mich vom leichten Wind streicheln und träume weiter. Rechts neben der Hauptstraße geht es in den Wald. Von hinten klingelt ein Radfahrer, ein junger Kerl der mir noch zweimal begegnen wird. Schon nach ein paar Schritten fühle ich mich wie im Urwald, dabei bin ich doch in Stadeln, solche Überraschungen gefallen mir. In der Mitte des Wäldchens eine Lichtung mit dicker großer Kiefer, Infotafel über die Sandachse. Am Wäsig bin ich, einer großen Sanddüne. Und auf der Düne eine wahrhaft königliche Königskerze.

Schnell sind ein paar Fotos gemacht. Dabei komme ich der Pflanze sehr nah. Süß ist der Duft, dass die so gut riechen war mir bisher entgangen. Später lese ich zu Hause, dass Hildegard von Bingen die Königskerze als Heilmittel für ein „traurig Herz“ empfiehlt, irgendwie passt das gut mit dem Duft zusammen und mit meiner Stimmung auch. Sinnierend laufe ich weiter, es fängt an zu regnen, aber nicht so richtig, der junge Radfahrer kommt mir wieder entgegen. Dann geht es quer durch Stadeln durch, auf Fußwegen zwischen den Häusern entlang. Schließlich bin ich wieder an der Regnitz, vor mir der Fürther Solarberg und laufe fast wieder falsch, weil ich glaube, den Weg zu kennen. Doch mittig der Straße die über den Wiesengrund führt geht es rechts ab über die Wiesen Richtung Unterfarrnbach.

Immer am Farrnbach entlang laufe ich, der wurde renaturiert und wenn ich eine lange Hose angehabt hätte, wäre ich auch durch das Unterholz und hätte mir den Bach genauer angesehen. Aber da sind Brennnesseln und die mag ich heute nicht. Auch Wasser lassen müsste ich, aber Toiletten gibt es auf dem ganzen Weg nicht, auch nicht an den Spielplätzen, das hat mich schon immer gestört. Es ist schon erstaunlich, dass ich heute Fürth nicht einmal verlassen werde und auf meiner Runde doch überwiegend im Grünen unterwegs bin, an Feldern vorbei und Bächen und Büschen und Wiesen. Schön ist das und der leichte Regen stört mir gar nicht. Neben dem Farrnbach ein paar Teiche und schon wieder falsch abgebogen, das gibt es doch nicht. Ich gehe zurück, aha, hier gibt es einen Trampelpfad gleich neben dem Maisfeld, wenn man es weiß, sieht man es auch.

Irgendwo muss es hier einen Obstgarten geben, es riecht nach Stachelbeeren und ich bekomme Hunger. Sofort habe ich die Rezepte von Olafur Eliasson im Kopf und überlege mir schon mal, was ich mir später gutes zubereiten werden. An der Würzburger Straße tauche ich auf aus dem grünen Band um Fürth und stehe vor dem Obi. Hier kenne ich mich aus, bin ich doch erst vor kurzem umgezogen und habe Schrauben und Nägel und was man sonst so braucht beim Renovieren hier besorgt. Ich laufe auf der anderen Seite der Grünanlage als sonst. In den Kleingärten wird gegrillt. Oh ja, ich habe Hunger, aber das muss jetzt noch warten. Ich gehe an der ehemaligen Wohnung meines Exmannes vorbei, lange ist es her, da hatte er noch Job und Wohnung, doch gut ging es ihm schon damals nicht. Jetzt hat er es geschafft, seit November scherzt er mit den Engeln an der Himmelsbar. Viele Spielplätze gibt es hier auf der Hardhöhe, doch wo sind die Kinder? Ich sehe gespannte Wäscheleinen ohne Wäsche und frage mich, ob Wäsche aufhängen im Zeitalter der Wäschetrockner vielleicht out ist. Ich bin altmodisch, meine Wäsche trocknet an der Wäscheleine auf dem Dachboden. Es gibt zu viele Häuser, sonst ist es spannend, hier war ich noch nie. Bald sehe ich die Bahnlinie, komme am Kaninchenzuchtverein vorbei. Heute Kaninchenschau steht auf dem Schild, ich denke kurz nach, ob es da wohl ein Klo gibt, aber mir ist nicht nach so vielen Menschen und ich laufe weiter. Wieder Kleingärten und Männer mit Schubkarren. Hinter der Hecke muss ein Kräutergarten sein, es riecht nach frisch geschnittenem Dill, was mich wieder an die tollen Rezepte erinnert und im Kopf koche ich auf meinem Weg durch mein neues Kochbuch. Ich bin so beschäftigt damit, dass ich auf der linken Straßenseite laufe, obwohl rechts ein Fußweg wäre und jetzt kommen mir so viele Autos hintereinander entgegen, wie ich bisher den ganzen Tag noch nicht gesehen habe. Ob die alle Kaninchen angucken wollen? Nach rechts geht es über einen Spielplatz zum nächsten Gleis, diesmal keine Brücke, keine Unterführung, einmal umschauen und schon bin ich drüber. Hier fährt sonntags nur die Rangaubahn. Jetzt stecke ich mein Navigationsgerät in die Tasche, den Bahnhof kann ich schon sehen. Hier stehe ich normalerweise auf, wenn ich von der Arbeit im Zug nach Hause fahre. Noch über die Brücke, mein Blick schweift über das Wasserschutzgebiet bis nach Zirndorf. Dort drüben auf der Autobahnbrücke bin ich einmal auf dem Seitenstreifen zu Fuß über den Rednitzgrund, das werde ich wohl nie vergessen. Wir waren zu zweit, die anderen beiden Mitwanderer machten einen großen Umweg, uns war das zu blöd, ja so kommt man zu Fuß auf eine Autobahnbrücke. Jetzt bin ich wieder in der Stadtmitte, viele Leute hier, es ist ja auch Fürth Festival und heute spielt Deutschland im Endspiel der Fußball WM. Es beginnt heftig zu regnen und ich nehme die Abkürzung durch die U-Bahn, dann durch den Grünstreifen mitten in der Stadt und fast nur noch gerade aus. Ich greife aus Gewohnheit in die Tasche, eine SMS, eine Freundin schreibt vom Fasten und ich habe jetzt nach vier Stunden laufen einen Riesenhunger. Im Kühlschrank steht unverhoffe ein großes Stück Erdbeerkuchen, solche Überraschungen mag ich sehr, ein Gruß meiner Mutter, da ist man gerne Tochter. Der Kaffee ist schnell gemacht, draußen donnert es, das war ein schöner Spaziergang und ich bin gespannt wohin die nächsten Überraschungspfade mich führen werden.
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